Die Koelnmesse feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Anlässlich des Jubiläums spricht Messechef Gerald Böse über den Weg aus der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte, das neue Konferenzzentrum und die Internationalisierung.
Die Koelnmesse feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Anlässlich des Jubiläums spricht Messechef Gerald Böse über den Weg aus der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte, das neue Konferenzzentrum und die Internationalisierung.
Herr Böse, die Koelnmesse ist 100 Jahre alt geworden. Wie steht es im Jubiläumsjahr um den Messestandort?
Wir haben uns von der schwersten Krise gut erholt. Während der Coronapandemie hatten wir ja quasi ein Arbeitsverbot. Die letzten Geschäftsjahre haben aber gezeigt, dass das Interesse an Messen ungebrochen ist. Der Mensch ist ein soziales Wesen, das ändert sich nicht. Insgesamt stehen wir also wieder sehr gut da, fast auf dem Niveau vor der Pandemie.
Eine überstandene Pandemie, neue politische Krisen – vor welchen Herausforderungen steht die Koelnmesse heute?
Die Pandemie war nicht die erste Krise, die ich als Geschäftsführer managen musste. Und sie wird auch nicht die letzte gewesen sein. Als ich 2008 hier anfing, befand sich die Koelnmesse in einer existenzbedrohenden finanziellen Situation. Das konnten wir durch eine konsequente Restrukturierung beheben. Heute machen uns politische Krisen und die zunehmende Polarisierung der Welt zu schaffen. Wir sind einer der internationalsten Messestandorte der Welt, rund 54 Prozent unserer Besucherinnen und Besucher kommen nicht aus Deutschland. Gibt es Reisebeschränkungen oder politische Spannungen, ist das nicht gut für uns.
Wie reagieren Sie auf diese veränderte Weltlage?
Wenn die Menschen nicht zu uns kommen können, kommen wir zu ihnen. Deshalb treiben wir die Internationalisierung unseres Geschäfts voran. Wir bespielen Standorte auf der ganzen Welt, in Europa, Asien oder Südamerika. Natürlich ohne unsere Messen am Standort Köln zu kannibalisieren. Ein schönes Beispiel ist die Anuga, die wir neben Köln seit vielen Jahren sehr erfolgreich auch in der thailändischen Hauptstadt Bangkok veranstalten. Dort hat im Mai ein chinesischer Landwirtschaftsbetrieb neun Quadratmeter gemietet, um Bioorangen und Fruchtsäfte zu präsentieren. Schon am ersten Messetag schloss der Händler mit dem winzigen Messestand einen Vertrag über 87 Millionen US-Dollar ab. Mit einer Investition in einen neun Quadratmeter großen Stand innerhalb weniger Stunden einen zweistelligen Millionenumsatz zu generieren ist sensationell und selten. Aber diese Geschichte zeigt die Dynamik, mit der eine von uns organisierte Messe Angebot und Nachfrage auch im Ausland gewinnbringend zusammenfügt.
Sie expandieren international. Am Standort Köln haben Sie im Sommer das Confex eröffnet.
Genau. Bis 2040 wollen wir rund eine Milliarde Euro in den Ausbau und die Modernisierung unseres Messegeländes investieren. Ziel ist es, der attraktivste innerstädtische Messeplatz der Welt zu werden. Ein wichtiger Meilenstein ist das neue Confex, ein Hybrid aus Konferenzzentrum und Messehalle. Damit ist es deutlich flexibler als unsere klassischen Hallen. Wir haben es parallel zur Jubiläumsfeier eröffnet – im Zeit- und Budgetrahmen, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist. Jetzt können mehr als 6.000 Kongressgäste gleichzeitig tagen, eine Größenordnung, für die es in Köln bisher keine Option gab.
Was sind die Vorteile der Hybridbauweise?
Die Anforderungen an Messen verändern sich. Früher ging es darum, möglichst viel Fläche an die Aussteller zu vermieten. Das ist heute anders, manche Firmen fusionieren, andere kommen aufgrund der politischen oder wirtschaftlichen Situation mit kleineren Ständen. Das verringert den Flächenbedarf. Dafür wird das Rahmenprogramm mit Content wichtiger, der Mehrwert, den die Gäste über die reine Produktschau hinaus von einem Präsenzevent erwarten.
Sind Hybridveranstaltungen zwischen Kongress und Messe ein Erfolgsrezept für die Zukunft?
Es ist auf jeden Fall eine wichtige Ergänzung und ein Weg, der das Messegeschäft verändert. Der Markt ist sehr gesättigt, neue Formate müssen etwas Besonderes bieten, um Besucherinnen und Besucher anzuziehen. Wenn es neben der reinen Messe zusätzlich einen fachlich passenden Kongress zum Netzwerken gibt, dann überlegen sich die Gäste eher, nach Köln zu kommen.
Köln wird also als Messestandort relevant bleiben?
Auf jeden Fall. Nicht nur die hohe Internationalität spricht für uns, sondern auch die zentrale Lage in Europa. Hinzu kommt das große Angebot an Hotels und Gastronomie, das Köln als Standort attraktiv macht. Für die Stadt ist die Messe natürlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Unsere Besucherinnen und Besucher geben jährlich rund eine Milliarde Euro in Köln und der Region aus, die sogenannte Umwegrendite. Bundesweit liegt die bei rund zwei Milliarden Euro. Zudem hängen 18.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Koelnmesse, allein 11.000 davon in Köln. Es profitieren also alle Seiten.
Gerald Böse ist seit 2008 Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse. Insgesamt arbeitet er seit mehr als 35 Jahren im Messegeschäft, vor seinem Engagement in Köln unter anderem in München, Düsseldorf und Karlsruhe.