Keine Punktlandung - Carina Frings über das Scheitern ihres Startups

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Carina Frings hat ein Startup gegründet, das durch Medienpräsenz extrem schnell sehr erfolgreich war. Dann brach alles zusammen. Heute gibt die Gründerin ihre Erfahrungen weiter – und will übers Scheitern reden.

 

Zwischen dem absoluten Höhepunkt und der krachenden Niederlage der Carina Frings lag nicht einmal ein Jahr. 2021 noch präsentierte sie in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) ihre Erfindung Udo. Das war ein universeller Deckel für nahezu jede Kaffeetasse, um dem Einwegbecherproblem entgegenzuwirken. Ein Millionenpublikum schaute damals ihrem Mitgründer und ihr zu, wie sie die vier Investor*innen in der TV-Show überzeugten. Es war ein Höhepunkt, zweifelsohne. Doch Udo war auch davor längst ein Erfolg. Hunderttausende Deckel hatte Frings verkauft, war in Zeitschriften, Magazinen als Gründerin gefeiert worden, für ihre Idee, für ihre Firma. Dann kam DHDL und die Verkäufe schossen weiter durch die Decke.

 

Ein Jahr später ist der Traum vorbei, Carina Frings meldet Insolvenz an, sagt ihrem Team, dass ihr Startup Udo in die Insolvenz gehen wird. Dass die Mitarbeiter*innen bald neue Jobs brauchen würden. Dass der Traum vom Startup geplatzt ist. Dass sie gescheitert ist.

 

Carina Frings ist etwas passiert, dass allen Gründer*innen in Deutschland Angst macht. Obwohl es ständig passiert. Mindestens 70 Prozent aller Startups scheitern in den ersten drei Jahren. Mal fehlt die Nachfrage für das Produkt, mal die Strategie, mal ist einfach ein Konkurrent schneller.


Ein Jahr nach ihrem Scheitern sitzt Carina Frings auf einem hölzernen Klappstuhl in der Coffee Gang, einem Kölner Café in der Nähe des Zülpicher Platzes, das sie gern als Office nutzt. Goldenes Brillengestell, blaue Fingernägel, Cappuccino mit Hafermilch. Mehrere Monate ist es her, dass Frings im Bett lag und sich nicht bewegen konnte, so erledigt war sie nach dem Ende von Udo. Ausgerechnet sie, die quirlige Frau, die über Jahre eigentlich nur einen Weg kannte: nach oben. „Ich wünsche jedem Gründer, dass er mal so einen Hype erlebt, das war ein irres Gefühl”, erinnert sich Frings heute. Doch nach dem Peak kam der Alltag – und es zeigte sich: sie hatten sich verschätzt bei Udo, zu viel Ware gekauft, die Kosten fürs Personal zu stark gesteigert. Am Ende brach es dem Startup das Genick, die Konstante nach dem Hype kam nicht zustande.

 

Frings erzählt all das sehr reflektiert. Nach der Insolvenzanmeldung hat sie ihre Erfahrungen in einer Therapie und Coachings aufgearbeitet. Was falsch lief, ist ihr jetzt klar: Sie hätte sich mehr Unterstützung suchen müssen, fürs Finanzielle, für die Strategie. Dazu wäre sie gern langsamer gewachsen, stetiger und hätte nicht „einfach mal gemacht”. Sie hasst diesen Satz heute. Und sie hätte auch mehr Verantwortung abgeben wollen, nicht immer Ansprechpartnerin für alle und alles sein müssen. Wie belastend das war, merkte sie erst im Nachhinein.

 

Sie könnte nun frustriert sein, dass all das so gelaufen ist. Doch ihr Scheitern ist für die 31-Jährige heute die größte Erfahrung ihres Lebens. „Ich bin vielen anderen Gründerinnen und Gründern damit etwas voraus, auch denen, die vielleicht erfolgreicher sind”, sagt Frings. „Denn ich kenne die Fehler, ich kenne jetzt den ganzen Prozess, vom Anfang bis zum bitteren Ende.” Sie selbst stellt sich und ihre Bedürfnisse jetzt immer an erste Stelle, was sie früher nie gemacht hat. In Workshops vermittelt sie Gründer*innen, wie man richtig über das reflektiert, was gerade um sie herum passiert. Denn oftmals gehe alles ganz schnell, ohne Platz für Emotionen oder Gefühle. Das will sie ändern – und die Fehlerkultur in Deutschland gleich mit: „Es wäre viel sinnvoller, wenn wir mehr über Fehler reden, über das Scheitern, im Alltag wie auch in der Unternehmenswelt”, sagt Frings. Ihr eigenes Scheitern hat sie mittlerweile verarbeitet. Sie kann sich sogar vorstellen, wieder mal ein Startup zu gründen.


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