Unternehmensnachfolge in Köln: So läuft's bei Abfluss-AS

Abfluss-AS besteht seit 1971 und wurde stets von Frauen geführt. 2018 hat Carina Straub die Unternehmensnachfolge des Kölner Sanitärbetriebs angetreten. Nun soll das Unternehmen noch moderner werden.

 

Von außen sieht das Unternehmen von Gabriele Bazán Ortega und Carina Straub unspektakulär aus. Ein Mehrparteienhaus aus den Fünfzigerjahren: Eine orange Fassade, drei Stockwerke und ein Garagentor, durch das es in einen Innenhof geht, mehr ist erst mal nicht zu sehen.

Doch bei Abfluss-AS ist nicht nur der Firmensitz überraschend anders, auch die Unternehmensstrategie würde man hinter dem nüchternen Namen nicht erwarten. Denn knallig bunte und lustige Social-Media-Auftritte sind Teil einer Marketingkampagne, die die Mitarbeiter des Handwerksbetriebs zu „Rohrreinigungshelden” ausgerufen hat. „Handwerk muss nicht alt und verstaubt sein”, sagt die 32-jährige Carina Straub. Sie ist überzeugt, dass das Reinigen von Abflüssen mehr ist, als „nur in Fäkalien zu wühlen”. „Das Badezimmer ist für viele ein intimer Ort, da braucht es auch Fingerspitzengefühl von unseren Mitarbeitern, wenn sie gerufen werden.”

Dass bei Abfluss-AS einiges anders läuft, könnte daran liegen, dass die Firma schon immer von Frauen geführt wurde. Seit 1971 gibt es das Unternehmen, das Geschäftsmodell ist klar: ausrücken, wenn Chaos herrscht, wenn Abflüsse überquellen und die Verzweiflung groß ist. Gegründet haben das Unternehmen Elisabeth und Ferdinand Bex. Es war eine Zeit, in der das Berufsbild des Kanalreinigers oder gar eine Innung noch gar nicht existierten. Während der Mann sich in den Siebzigerjahren als gelernter Installateur auf die Reinigung konzentrierte, übernahm die Frau die Leitung der jungen Firma.

Abfluss-AS ist damit eine der wenigen großen Ausnahmen im Handwerk: Gut 90 Prozent der Erwerbstätigen in Handwerksberufen sind Männer. So wird auch ein Großteil der Betriebe von ihnen geführt.

 

Mit der Tochter soll der Betrieb modern werden

Abfluss-AS hat heute 20 Beschäftigte, 14 davon sind im Außendienst. Monatlich werden sie zu 600 bis 800 Einsätzen gerufen. Inzwischen hat die Firma Standorte in Köln und Düren. Und spätestens seitdem 2018 mit Carina Straub die dritte Generation die Führung übernommen hat, soll der Betrieb noch moderner werden. Einen solchen Anstrich haben viele Handwerksbetriebe bitter nötig.

Denn der Fachkräftemangel schlägt gerade in dieser Branche zu – „natürlich suchen auch wir Personal”, sagt Straub. Mehr als ein Drittel aller Berufe ist derzeit von Engpässen betroffen. Gerade im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sieht es nicht gut aus, wie eine aktuelle Statistik der Bundesarbeitsagentur zu Engpässen im Arbeitsmarkt zeigt.

Aus Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln geht hervor, dass 2022 fast 130.000 Stellen unbesetzt geblieben sind. Der Handwerker*innenmangel erreichte damit ein Rekordhoch. Dafür nennen die Gutachten mehrere Gründe. Handwerksunternehmen böten zwar mehr Ausbildungsplätze an, doch die Zahl der Bewerber*innen reiche nicht aus. Der demografische Wandel sei eine der Hauptursachen für den Mangel an Handwerker*innen. Dazu komme, dass viele junge Menschen statt einer dualen Ausbildung im Handwerk ein Studium anstreben.

 

Küchenspüle statt Konzernevent

Straub hat den Vorteil, dass sie gar nicht aus der Handwerkswelt kommt und anders auf all die Probleme blicken kann. Nach dem Abitur wollte sie auf keinen Fall in den Betrieb ihrer Mutter gehen. „Ich wollte immer in die schillernde Welt der Eventbranche”, erzählt Straub. Sie organisierte zuerst Events für Autohändler, danach ging sie in einen Konzern. „Das war mir aber alles zu langweilig”, erzählt sie. Denn ganz so schillernd war die Eventbranche dann doch nicht. „Es hat auch immer viel mit Excel-Listen zu tun, was viele sich wohl erst mal gar nicht vorstellen können.”

Erst danach zog es Straub in das Unternehmen ihrer Mutter. Doch genau diese Erfahrungen konnte sie dort einbringen. Straub achtet auf all die Dinge, die abseits des Alltagsgeschäfts anfallen. Die Homepage ist gepflegt und modern. Die Bilder der Heldenkampagne sind unter anderem auf den Fahrzeugen der Firma zu sehen, die von Notfall zu Notfall fahren. Auf dem Instagram-Kanal finden sich Fotostrecken von Teamevents beim Bowling oder von den Einsätzen. Und dann wäre da noch das elektrische Lastenrad für Einsätze in der Innenstadt. Straub ist Social-Media-Managerin, Personalverantwortliche und Marketingbeauftragte zugleich. Da sich Mutter Bazán Ortega langsam aus dem Betrieb zurückzieht, kommen auf Straub nun auch die Aufgaben als Geschäftsführerin hinzu.

 

Auf dem elektrischen Lastenrad in die Innenstadt

Mit ihrer Kampagne feiert sie bereits die ersten Erfolge. Der Personalmangel bei Abfluss-AS ist laut Straub bei Weitem nicht so angespannt wie bei anderen Handwerksbetrieben. Allein in den vergangenen 15 Monaten hat ihre Firma fünf neue Mitarbeiter gewonnen. So konnte Abfluss-AS mehr Aufträge annehmen als jemals zuvor. Eine Sache hat aber auch bei Abfluss-AS noch nicht geklappt: Frauen für den Außendienst zu gewinnen. „Ich kann das sogar ganz gut verstehen”, sagt Straub. Die Maschinen seien teilweise ziemlich schwer, und als Frau allein in Wohnungen reinzugehen sei auch nicht immer leicht. Die Hoffnung aufgegeben hat sie aber noch nicht. Abfluss-AS machte zuletzt beim Girls’ Day mit. „Das lief richtig gut”, so Straub. Die nächste Marketingkampagne hat sie längst im Visier. Die Helden sollen überarbeitet werden, zudem entwickelt Straub gerade ein Leitbild für ihr Unternehmen. Das soll die Verbundenheit der Mitarbeiter*innen mit der Firma stärken – und könnte vielleicht ja auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel helfen.


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