Shari Heep & Scalara: Gründen in der Schwangerschaft

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© KölnBusiness/Ricardo Wiesinger

Shari Heep hat ihr Startup im neunten Monat ihrer Schwangerschaft gegründet. Mut brauchte sie dafür nicht. Für die unternehmerischen Entscheidungen, die sie im Anschluss treffen musste, hingegen schon.

 

Natürlich erinnert Shari Heep sich noch an diesen Moment im Jahr 2018: Sie war im neunten Monat schwanger, vor sich eine „riesige Kugel”, wie sie sagt. Und niemanden in diesem Konferenzraum interessierte das auch nur die Bohne. Heep wollte daraus sowieso kein Ding machen, die Investor*innen offenbar auch nicht. „Das fand ich total super”, sagt die Unternehmerin heute. Die Tochter zweier Hausverwalter war schließlich dort, um ihre Idee zu pitchen, ihre Vision für die Immobilienwirtschaft des 21. Jahrhunderts. Und das war eine zentrale und digitale Plattform für Hausverwalter, die dort Buchhaltung, Banking und Kommunikation an einem Ort sammeln können, anstatt das wie bisher analog oder mit veralteter und teurer Software machen zu müssen. Zweieinhalb Stunden trug sie ihren Einfall vor, erklärte den Businessplan – und schnell schlug ihr Begeisterung entgegen. Der Digitalarm eines großen Kölner Immobilienkonzerns wollte unbedingt in Heep und ihre Idee investieren.

 

"BENACHTEILIGT ZU WERDEN WAR IN MEINEM KOPF KEINE OPTION"

 

Mit ihrer lockeren Art war ihr gelungen, was nach wie vor nur wenige Frauen schaffen: Ein Startup zu gründen und Geldgeber dafür zu finden. Klingt hart, ist aber so. Gerade einmal 20 Prozent aller Gründungen kommen von Frauen, nur 37 Prozent aller Startups haben eine Frau im Gründungsteam, wie der Female Founders Monitor des Startup-Verbandes für das Jahr 2022 zeigt. Geht es ums Geld, hängen männliche Gründer die weiblichen noch stärker ab. Frauen bekommen für ihr Unterfangen im Schnitt etwas mehr als eine Million Euro, Männer fast zehn Millionen.

 

Shari Heep hat solche Nachteile nie zu spüren bekommen, sagt die 34-Jährige und nippt an ihrem Café Latte mit Hafermilch. Das beige Jackett flattert über ihrem ansonsten sehr gelben Outfit, die Sonnenbrille hat sie gegen eine Brille mit durchsichtigem Gestell getauscht, sie lacht viel. Weder im Jura-Studium noch bei der Promotion, bei der sie sich mit der Blockchain beschäftigte, noch bei der Gründung habe sie Nachteile als Frau gehabt. „Ich hatte vielleicht Glück, aber ich habe auch nie darüber nachgedacht, dass ich jetzt benachteiligt werden könnte, nur weil ich eine Frau bin”, sagt die Gründerin. „Das war in meinem Kopf gar keine Option.“

 

Als ihr erstes Kind auf der Welt war, startete sie gemeinsam mit dem Kölner Baukonzern durch, doch sie und ihr Team verloren ein wenig den Fokus. Statt einer Immobilienverwaltung entwickelten sie eine Art Quartiersapp. Heep sprach das nach einigen Monaten beim Konzern an, schloss das laufende Projekt ab – und gründete 2020 mit drei Mitgründern Scalara. Als Investoren für die GmbH gewann sie einen Investmentarm des Baukonzerns sowie private Business Angels. In einer Finanzierungsrunde sammelten sie dann 1,8 Millionen Euro von Bestandsinvestoren und einem Wagniskapitalgeber ein und versprachen, dass ein erstes Produkt im September 2021 live gehen würde. „Doch im September hatten wir kein Produkt, es war eine Katastrophe”, sagt Heep.

 

Das Technikteam war längst nicht fertig und heillos überfordert, die Investoren saßen Heep im Nacken. Es gab Konflikte und am Ende brauchte es eine mutige Entscheidung. Heep und die anderen Scalara Gesellschafter trennten sich daraufhin von den drei Mitgründern, bezahlten zwei aus. Einer blieb Gesellschafter, arbeitet aber heute woanders. Und Heep? Sie hatte inzwischen ein zweites Kind bekommen, musste die Firma neu aufbauen und dann war da auch noch die Coronapandemie. „Das war eine sehr, sehr schwierige Zeit”, erinnert sie sich heute. „Da habe ich mir schon gedacht: Mach doch einfach Elternzeit, dann musst du dich hiermit nicht rumschlagen.”

 

Doch aufgeben kam für sie nicht in Frage. Sie glaubte an ihre Hausverwalter-Plattform. Also investierte sie noch einmal viel Zeit und fand schließlich ihren heutigen Co-Founder, mit dem sie seit Oktober 2022 zusammenarbeitet. Gemeinsam haben sie Scalara neu positioniert und im März 2023 die Plattform auf die Beine gestellt und auf den Markt gebracht, die Heep einst im Sinn hatte. Seither haben sich rund 50 Verwalter angemeldet. „Nach all dem Stress ist es jetzt so, dass wir wirklich auf einem guten Weg sind, das macht mich unglaublich glücklich”, sagt die Gründerin.

 

"DIE ERSTEN MONATE SIND DIE KINDER IM BÜRO AUFGEWACHSEN"

 

Dass Heep nebenbei zwei Kinder aufgezogen hat, findet sie übrigens selbstverständlich, im Interview spricht sie kaum davon. „Die ersten Monate sind sie im Büro aufgewachsen und jetzt werden sie unter der Woche betreut, morgens und abends haben wir sehr intensive Quality-Time zusammen, am Wochenende auch”, erklärt sie den Tagesablauf der Familie. „Für mich ist das ein sehr gutes Modell und ich würde gerne auch andere Frauen motivieren, ihnen sagen: Du kannst das machen”, sagt Heep. „Mutter werden und eine Firma gründen, das schließt sich wirklich nicht aus.” Ob das nicht doch irgendwie mutig sei? Sie winkt ab. „Ich bin einfach überzeugt, dass es letztendlich gut wird – egal wie es wird.“


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