Startup kämpft gegen Lebensmittelverschwendung: Foodforecast bringt KI in die Bäckerei

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Das Team von foodforecast bringt KI in die Bäckerei und kämpft so gegen Lebensmittelverschwendung.
© Karin Maigut

Eine der größten Herausforderungen für Bäckereien ist die tägliche Entscheidung, wie viele Brötchen, Brote und Kuchen sie benötigen. Das Kölner Startup foodforecast hat eine künstliche Intelligenz für die KI Bäckerei entwickelt, die diese Entscheidung trifft – und so erfahrene Bäckereimitarbeiter*innen unterstützt.

 

Wenn beim Bäcker des Vertrauens ausgerechnet das französische Lieblingsbaguette ausverkauft ist, ist dies nicht nur für die Kund*innen ärgerlich. Auch die deutschlandweit rund 35.000 Bäckereifilialen erleiden Umsatzeinbußen durch verfrühten Abverkauf. Zu viele Baguettes wollen sie jedoch auch nicht vorhalten. Der Idealfall sieht so aus: Bis Ladenschluss werden alle Wünsche der Kund*innen erfüllt – und abends landen nur wenige Produkte in der Tonne.

 

Foodforecast: KI als Lösung für Bäckereien

 

Dass dieses Ziel mit einer optimierten Planung zu erreichen ist, verspricht das Kölner Startup foodforecast. Seine künstliche Intelligenz berechnet täglich neu, welche Bestellmenge für welches Produkt sinnvoll ist. Damit hat das im Jahr 2018 gegründete Unternehmen bereits Kunden in ganz Deutschland gewonnen.

Die Geschäftsidee war das Ergebnis einer Umfrage des Firmengründers Justus Lauten auf LinkedIn. Damals hatte er schon viel Erfahrung mit Startups gesammelt. Während seines Informatikstudiums gründete er ein Carsharing-Unternehmen, das er an einen Konkurrenten verkaufte, später baute Lauten für den Energieversorger innogy ein Unternehmen innerhalb des Konzerns auf. Irgendwann kam der Wunsch auf, selbst noch einmal zu gründen. Über LinkedIn fragte Lauten kleine und mittelständische Unternehmen, vor welchen Problemen sie stünden, die sich mit Technologie lösen ließen.

Zwei Bäckereien meldeten sich, die unabhängig voneinander von hohen Retouren und der damit verbundenen Lebensmittelverschwendung berichteten. Also programmierte Lauten gemeinsam mit zwei weiteren Informatikern eine KI mit hoher Prognosegenauigkeit für die Bäckerei Merzenich Köln.

 

Wie die KI Bäckerei den Umsatz steigern kann

 

Zur Marktreife gebracht hat foodforecast die KI in Zusammenarbeit mit der Kölner Bäckereikette Merzenich. Anderthalb Jahre dauerte die Testphase. Heute arbeiten alle 69 Merzenich-Filialen mit der intelligenten Software. Die KI ist an das bestehende Kassen- und Warenwirtschaftssystem angeschlossen und hat damit Zugriff auf historische Bestell- und Verkaufsdaten. Diese Informationen werden mit zusätzlichen relevanten Verkaufsfaktoren wie der aktuellen Wettervorhersage, den Schulferien, Feiertagen und weiteren Ereignissen wie drohenden Bahnstreiks kombiniert. Die daraus ermittelten Bestellmengen sind automatisch im Warenwirtschaftssystem hinterlegt. An den Arbeitsabläufen im Betrieb ändert sich nichts.

Um das System kontinuierlich zu verbessern, stellt Lauten der KI regelmäßig Übungsaufgaben, damit die Software neue Lösungswege trainiert. „Das ist wie im Matheunterricht“, erklärt der Startup-Gründer. „Erst werden Übungsaufgaben gelöst, dann kommen Aufgaben hinzu, die der Lehrer vorab nicht genau erklärt hat. Dass das System damit umgehen kann, ist der große Mehrwert unserer Software.“

 

„Größte Herausforderung: Vertrauen schaffen”

 

Während sich die Geschäftsführung von Merzenich Lauten zufolge innovationsfreudig zeigte, hätten einige Mitarbeiter*innen in den Filialen skeptisch reagiert. „Die größte Herausforderung lag darin, beim Personal Vertrauen in die KI zu schaffen“, berichtet der Gründer. Dies gelang schließlich, weil die KI von Beginn an überzeugende Ergebnisse lieferte. „Die Prognosegenauigkeit liegt bei 95 Prozent. So lassen sich durchschnittlich 30 Prozent der Retouren einsparen. Das macht sich hinter der Theke bemerkbar und hat letztlich auch die skeptischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überzeugt.“ 

Nur ein Faktor bringt die KI trotz maschinellem Lernen immer noch an ihre Grenzen: Karneval. Die närrische Zeit ist für den Algorithmus offenbar schwer zu verstehen. „Die KI erhöht die Anzahl der Berliner an Karneval zwar um das Dreifache, verkauft wird aber mindestens das Zehnfache“, erzählt Lauten. Der Geschäftsführer ist sich aber sicher, dass die KI auch hier jedes Jahr dazulernt und sich die Prognosegenauigkeit an Karneval in den kommenden Jahren verbessern wird.

 

Fürs Wachstum gut aufgestellt

 

Aktuell sind 1.500 Verkaufsstationen mit der Software des Kölner Startups ausgestattet. Das System ist in Bäckereiketten wie Merzenich, Dat Backhus und Göing im Einsatz, zunehmend aber auch im Einzelhandel und in der Gastronomie, unter anderem für mehr als 400 Backshops von Aldi Nord und bei der Restaurant- und Lieferdienstkette Beets & Roots. „Seit 2023 sind alle Unternehmen, die unsere rund dreimonatige Testphase genutzt haben, zu zahlenden Kunden geworden“, freut sich Lauten. Wer kein eigenes Warenwirtschaftssystem hat, kann eine von foodforecast bereitgestellte Bestellplattform mit integriertem Produktionsplan nutzen.

Für zukünftiges Wachstum sieht sich das Startup gut aufgestellt, was Lauten auch am Standort Köln festmacht. „Köln bietet ein gutes Umfeld für Gründer*innen. Das hat mit der Mentalität der Menschen zu tun, die offen für neue Denkweisen sind. Und Köln ist natürlich die spannendste Stadt in ganz Nordrhein-Westfalen, was uns für potenzielle neue Mitarbeiter*innen interessant macht.“

Von den Vorzügen der Stadt können sich bald auch die ersten ausländischen Geschäftspartner von foodforecast überzeugen, wenn sie das 17-köpfige Startup besuchen. Erste Unternehmen aus Österreich konnte foodforecast jüngst für die Kölner KI gewinnen.

 

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