Besuch bei DeepL: "Wir hatten und haben es gut in Köln"

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DeepL-CEO Dr. Jaroslaw Kutylowski im Gespräch mit KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen. (v.l.)
© Karin Maigut

Der Übersetzer DeepL revolutioniert die globale Kommunikation mit künstlicher Intelligenz (KI). Das Kölner Unternehmen erlebt ein beispielloses Wachstum und ist jetzt mehr als eine Milliarde Euro wert. KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen hat den Gründer und Geschäftsführer von DeepL, Dr. Jaroslaw Kutylowski, getroffen.

 

Herr Dr. Kutylowski, Sie konkurrieren nicht nur mit Google, sondern auch anderen Tech-Größen aus den USA. Wie haben Sie DeepL zu einem echten globalen Mitspieler gemacht?

Da gibt es natürlich nicht das eine Geheimrezept. Was uns sicher dazu verholfen hat, ist unser Fokus. Anders als die Tech-Riesen aus den USA haben wir uns von Anfang an auf unser eines Zielvorhaben konzentriert. Für Google zum Beispiel ist der Übersetzer nur ein kleines Teilvorhaben, wohingegen wir bei DeepL mit voller Kraft an einem Strang ziehen. So konnten wir Forschung und Entwicklung gezielt ausbauen und die beste Qualität ermöglichen.

 

Welche mentale Haltung hilft Ihnen bei diesem Kopf-an-Kopf-Rennen mit den stärksten Unternehmen der Welt?

Ich denke auch da spielt wieder der Fokus eine Rolle. Natürlich schauen wir auch auf die Konkurrenz. Aber wir konzentrieren uns nicht darauf, besser als die anderen zu sein, sondern aus unseren Produkten das Beste herauszuholen. Wir arbeiten sehr kundennah und hören auf das Feedback unserer Nutzerinnen und Nutzer. Dementsprechend können wir unsere Produkte und das Unternehmen gezielt weiter- entwickeln und sie konkurrieren ganz natürlich mit den stärksten der Welt. Hinzu kommt ein gutes Unternehmensklima, für das wir von Anfang an sorgen. Ein guter Teamspirit, Bodenständigkeit und ein bisschen Drive gehören immer mit dazu. Wenn jeder dieselben Werte teilt, kann man sich aufeinander verlassen – das ist wichtig.

 

An welcher Stelle in Ihrer Karriere als promovierter Informatiker, Gründer und CEO von DeepL SE haben Sie am meisten Mut aufbringen müssen?

Das war auf jeden Fall der erste Tag der sechsten Klasse, als ich ohne ein Wort Deutsch zum ersten Mal in einer deutschen Schule stand. Das war nicht einfach. Im Grunde hat mich diese Erfahrung aber an den Punkt geführt, an dem ich heute stehe. Ohne diesen Hintergrund der zwangsläufigen Zweisprachigkeit würde es DeepL vielleicht gar nicht geben. Der Ansporn zur vereinfachten Kommunikation durch KI kam vielleicht nicht an jenem Tag, aber er hat mich doch sehr geprägt.

 

Was war bei der Entwicklung Ihrer KI Ihre größte Herausforderung?

Wir wollten schon immer die beste Qualität für unsere Nutzerinnen und Nutzer anbieten, das klingt natürlich erst mal nach einer sehr ambitionierten Mission, die mehr als nur eine Herausforderung mit sich bringt. Das Ganze fängt damit an, das richtige Trainingsmaterial zu akquirieren. Die neuronalen Netze, auf denen die DeepL-Produkte basieren, müssen mit Unmengen an Daten gefüttert werden. Da reicht es nicht, einfach ein paar Zeitungsartikel reinzuschmeißen. Es kommt vor allem auf die Qualität der Daten und anschließend natürlich die Trainingsmethodik an. Hierzu haben wir unter anderem spezielle Crawler entwickelt, die automatisiert Übersetzungen im Internet finden und deren Qualität beurteilen.

 

Welche KI-Anwendungen werden unser Leben stark verändern, denken Sie?

Besonders im Arbeitsalltag merken wir jetzt schon, wie künstliche Intelligenz Prozesse vereinfachen und Aufgaben effizienter gestalten kann. DeepL Write ist hier ein gutes Beispiel. Wenn ich eine E-Mail an Kunden aus den USA verfassen möchte, muss ich nicht eine halbe Ewigkeit vor einem Satz sitzen, der sich nicht ganz richtig anhört. Ich muss nicht recherchieren und mir den Kopf darüber zerbrechen, was nun falsch ist, oder wie man das vielleicht besser ausdrücken könnte. DeepL Write übernimmt das für mich in Echtzeit – schlägt alternative Formulierungen vor und verbessert Rechtschreibung und Grammatik, sodass ich mir keine Sorgen mehr um die Richtigkeit meiner E-Mail machen muss. Ich denke, wir werden KI in genau dieser unterstützenden Funktion wertzuschätzen lernen. Am Ende kommt es darauf an, was wir aus dieser Entwicklung machen, wie wir mit der KI umgehen und für welche Zwecke wir sie einsetzen wollen.

 

Und wie wird DeepL unser Leben beeinflussen? Wem werden die Leistungen von DeepL helfen?

Ich denke, unsere Produktpalette setzt genau da an, wo und wann immer Menschen Unterstützung in ihrer Kommunikation brauchen. Wir sehen unsere Produkte als Wegbegleiter in allen Lebenslagen – auch ich nutze die Fotofunktion der App, um mir die Speisekarte im Italienurlaub übersetzen zu lassen. Den größten Nutzen sehen wir aber im Arbeitsalltag. Aus vielen Büros ist der Translator schon gar nicht mehr wegzudenken und mit DeepL Write stoßen wir seit dem Launch auf eine ähnlich große Resonanz. Auch für Studierende stellen unsere Produkte eine große Hilfe dar, sei es zum Übersetzen fremdsprachiger Quellen oder beim Schreiben von Haus- und Abschlussarbeiten.

 

Wie entwickeln Sie Ihre KI weiter? Wo sehen Sie die nächsten großen Chancen für DeepL?

Für DeepL stand schon immer die Forschung im Vordergrund. Das heißt, auch in Zukunft soll es primär darum gehen, unsere Netzwerkarchitektur zu optimieren, aus Erfahrungen zu lernen und die bestmöglichen Ergebnisse mit unseren KI-gestützten Kommunikationslösungen zu erzielen. Es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität. Und ich denke damit schaffen wir es auch, uns weiterhin von der Konkurrenz abzusetzen.

 

Wie wichtig ist das Thema „Simultanübersetzung“ für DeepL? Sprich: Gibt es dahingehend Pläne?

Unsere Zukunftspläne verraten wir wirklich ungern. Es ist aber ohne Zweifel ein sehr gefragtes Feature. Für den Moment konzentrieren wir uns auf unser neues Produkt DeepL Write, das sich in der Betaphase befindet und laufend weiter optimiert wird. Die Verbesserung der Qualität der Übersetzungen ist natürlich auch immer ein wichtiger Punkt für uns.

 

Sprechen wir über Köln: Mit 47 Hochschulen, 31 Forschungseinrichtungen und allein 17.300 Informatikstudierenden weist der Großraum Köln ein höheres Potenzial als Berlin oder Hamburg auf. Profitieren Sie davon?

Absolut. Wir haben hier einen Pool junger Talente direkt vor der Tür. Die Menge und Qualität der Hochschulen im unmittelbaren Einzugsbereich sind nicht von der Hand zu weisen. Es ist also nicht schwer, Fachkräfte mit den gleichen Werten und dem gleichen Sinn für die Weiterentwicklung neuer Technologien zu finden. Genau wie die Stadt sind wir als Unternehmen daran interessiert, diesen Geist zu fördern.

 

Was macht für Sie den Standort Köln außerdem aus?

Für uns als KI-Unternehmen ist natürlich immer der Vergleich mit dem Silicon Valley spannend. Dahingehend kann ich nur sagen, wir hatten und haben es gut in Köln. Besonders zu Anfang – als kleines KI-Startup – war es von Vorteil, nicht sofort gegen die ganz großen Unternehmen aus Kalifornien antreten zu müssen. So hatten wir zum Beispiel weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und konnten uns schnell und gezielt entwickeln. Obwohl wir inzwischen auch deutschlandweit sowie in Polen, den Niederlanden, Großbritannien und Japan einstellen, profitieren wir von dem enormen Fachkräftepotenzial vor unserer Haustür.

 

Welchen Rat würden Sie anderen Gründenden mit auf den Weg geben?

Einfach machen. Ich denke, in Deutschland gibt es eine gewisse Grundskepsis, was das Gründen angeht. Wenn man weniger Angst vor den bürokratischen Hürden hat, ist schon ein großer Schritt getan. Dann kommt es natürlich darauf an, was man daraus macht. Für uns war, wie eingangs erwähnt, vor allem eine eindeutige Mission, ein klarer Fokus und ein starkes Team der Schlüssel zum Erfolg.


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