Personalmangel effektiv bekämpfen: Unternehmen setzen zunehmend auf innovative Lösungen wie KI-gestützte Personalplanung und maßgeschneiderte Weiterbildungen. Mit den richtigen Tools lassen sich Talente nicht nur gewinnen, sondern auch langfristig binden – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in Zeiten des Fachkräftemangels.
Ein Gastbeitrag von Personalexperte Jens Bergstein (Kienbaum) und Dr. Achim Hecker, Professor für Digital Leadership an der Digital Business University of Applied Sciences
Wer früher einen Job suchte, musste bangen: Kriege ich ihn oder nicht? Dieses Zeitalter ist vorbei. Heute stehen Arbeitgeber im zunehmenden Wettbewerb um selbst durchschnittlich gut ausgebildete Menschen. Fast alle Branchen kämpfen aufgrund des demografischen Wandels mit heftigem Personalmangel – von der IT bis zur Gastronomie. Aus einem Arbeitgebermarkt ist ein Arbeitnehmermarkt geworden.
Unternehmen, die das nicht erkennen, werden in einigen Jahren große Probleme haben, wenn ihnen ITler*innen, Techniker*innen, Servicemitarbeiter*innen oder Assistenzkräfte fehlen. Neue Zahlen des IW Köln zeigen: In Deutschland fehlen eine halbe Million qualifizierte Arbeitskräfte, wodurch der deutschen Wirtschaft Produktionskapazitäten in Höhe von 40 Milliarden Euro fehlen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer es schafft, Personal zu finden und zu binden, hat einen enormen ökonomischen Vorteil – und das ist weniger kompliziert, als man denkt.
KI in der Weiterbildung: So profitieren Unternehmen und Mitarbeitende
Unternehmen, die das Thema angehen wollen, müssen zunächst eine Bestandsaufnahme machen: Welche Positionen sind besetzt, welche werden offen sein – und welche neuen Jobs entstehen durch die Digitalisierung? Anschließend wird analysiert, welche Mitarbeiter*innen welche Fähigkeiten und Kompetenzen mitbringen und wo Lücken sind. Hier kommt die Technologie ins Spiel. Mitarbeiter*innen können sich über Schulungssysteme, Weiterbildungsprogramme und Trainings die notwendigen Kompetenzen aneignen. Moderne Talent-Management-Tools, unterstützt von künstlicher Intelligenz, helfen dabei, den Personalbedarf zu analysieren und mögliche Entwicklungsschritte von Mitarbeiter*innen vorauszuplanen. Sie ermöglichen es auch, diese Entwicklungen zu verfolgen und die Personalabteilung auf Nachbesserungs- oder Redebedarf hinzuweisen. Wo eine Weiterentwicklung nicht möglich ist, kann KI bei der Neubesetzung von außen helfen. Sie kann die nötigen Qualifikationen zusammenstellen und in Form einer Ausschreibung aufbereiten. So wird sichergestellt, dass nur Personen mit den richtigen Skills eingestellt werden.
Von Reskilling bis Upskilling: Mitarbeitendenentwicklung im Fokus
Unsere Erfahrung zeigt allerdings klar: Im Re- und Upskilling bestehender Mitarbeiter*innen liegt für Unternehmen der größere Hebel, um Fachkräfte zu binden – und für sich zu gewinnen. Denn neue Kompetenzen werden zum Wettbewerbsvorteil. Das haben Arbeitnehmer*innen längst erkannt. Unternehmen, die dies über Bildungsplattformen fördern, haben ebenfalls einen Wettbewerbsvorteil und profitieren von geringerer Fluktuation.
KI in der Personalentwicklung: Mehr als nur Recruiting
Entscheidend bei der Gestaltung der teils virtuellen Lernprogramme ist, dass sie individuell auf die Mitarbeiter*innen zugeschnitten sind. Statt eines umfassenden Neustudiums sind zielgerichtete Fortbildungen entscheidend, die einzelne Aspekte vertiefen. Informatiker*innen können so ins Thema Maschine Learning einsteigen, Buchhalter*innen in generative KI, Mechaniker*innen in die Komplexität von E-Autos, Kellner*innen in die Untiefen der Buchhaltungssoftware. Unternehmen, die es schaffen, solche Lernprogramme zu etablieren und deren Nutzung zur Kultur des Unternehmens zu machen, sind klar im Vorteil.
Darüber hinaus sind eine wertschätzende Unternehmenskultur und eine gute Bezahlung unerlässlich. In einer Welt mit vielen Optionen und Bewertungen auf Onlineplattformen ist Wertschätzung oft mehr wert als ein monetärer Bonus. Unternehmen, die all das bieten, haben große Chancen im Wettbewerb um Talente.
Die Autoren
Jens Bergstein ist Berater und Personalexperte bei Kienbaum, einer der wichtigsten HR-Beratungen Deutschlands mit Sitz in Köln. Ende 2023 hat sie die Digital Business University of Applied Sciences (DBU) übernommen, um damit eine Brücke zwischen Unternehmen und Talenten zu schlagen. Dr. Achim Hecker ist Professor für Digital Leadership und Gründer der DBU.