Stadtentwicklung in Köln: Herausforderungen durch Flächenmangel

 - KölnBusiness
Interview mit KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen zum Flächenmangel in Köln.

Köln ist ein Top-Standort für Unternehmen – aber ohne Platz kaum Wachstum. KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen über Flächenknappheit und die wirtschaftliche Entwicklung Köln.

 

Herr Dr. Janssen, wie steht es aktuell um die Kölner Wirtschaft?

Die Zeiten sind herausfordernd. Viele Branchen stehen vor großen Umbrüchen – sei es durch geopolitische Krisen, wirtschaftliche Unsicherheiten oder die digitale Transformation. Unternehmen müssen darauf reagieren. Wer sich neu  ausrichten und investieren will, sucht sich dafür einen geeigneten Standort. Das spüren wir auch in Köln. Damit die Kölner Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt, müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen.

 

Was bedeutet das konkret für Unternehmen in Köln?

Wir brauchen ausreichend Platz für Unternehmen, die hier expandieren oder sich ansiedeln wollen. Denn die Rahmenbedingungen sind weiterhin gut. Das zeigen erfolgreiche Ansiedlungen wie Miltenyi Biotec, Renault oder die EU-Agentur EIT Culture & Creativity, die KölnBusiness in den vergangenen Jahren unterstützt hat. Aber die Nachfrage nach Flächen übersteigt das Angebot. Um den Erfolg langfristig zu sichern, müssen dringend neue Flächen bereitgestellt und bestehende Standorte weiterentwickelt werden.

 

Gewerbeflächen Köln: Entwicklung, Bedarf und Herausforderungen

 

Wie hoch ist der Bedarf denn? 

Der Bedarf ist enorm. Im Jahr 2024 hat KölnBusiness rund 235 Anfragen von Unternehmen erhalten, die eine Gewerbefläche in Köln gesucht haben. Die Hälfte davon aus ganz Deutschland. Doch wir konnten bislang in diesem Jahr nur rund 30 Anfragen bedienen – viele der aktuellen Anfragen aus 2024 laufen noch. Das zeigt, wie stark die Nachfrage ist – und gleichzeitig, wie schwierig es ist, Unternehmen ausreichend Flächen anzubieten.

 

Warum ist das so wichtig für Kölns wirtschaftliche Entwicklung? 

Mehr als die Hälfte der städtischen Steuereinnahmen stammt aus der Gewerbesteuer – sie finanziert wichtige Bereiche wie Infrastruktur, Bildung und Kultur und kommt damit uns allen zugute. Mit Blick auf die angespannte Haushaltslage muss die Kölner Wirtschaft weiterwachsen. Aber dafür braucht sie Platz. Unternehmen, die herkommen wollen oder hier expandieren möchten, brauchen ausreichend Gewerbe- oder Industrieflächen. Sie sind essenziell, um Arbeitsplätze zu schaffen und Wertschöpfung in der Stadt zu halten.

 

Warum können so viele Anfragen nicht bedient werden?

In einem Drittel der Fälle liegt es daran, dass wir den interessierten Unternehmen schlicht keine geeigneten Flächen anbieten können. Das scheitert vor allem an der Verfügbarkeit einer ausreichend großen Fläche, an einer geeigneten Form und Ausnutzbarkeit des Grundstücks oder auch an planungs- und immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, die gewerblich-industrielle Nutzungen oft einschränken. In einigen Fällen heißt das aber auch, dass wir in Köln keine einzige Fläche anbieten können, die den Anforderungen entspricht. 

Wenn wir die wirtschaftliche Entwicklung Kölns sichern wollen, müssen dringend mehr bedarfsgerechte Flächen bereitgestellt und bestehende Gebiete gezielt weiterentwickelt werden. Für diese Erfordernisse der Unternehmen sensibilisieren wir fortlaufend Politik und Verwaltung.

 

„Bis 2046 fehlen laut Regionalplan rund 500 Hektar an Gewerbefläche – das entspricht 700 Fußballfeldern.” – Dr. Manfred Janssen

 

Welche Folgen hat der Mangel an Gewerbeflächen für Köln als Wirtschaftsmetropole?

Ohne eine vorausschauende Strategie riskieren wir, dass Unternehmen sich für andere Standorte entscheiden und Köln als Wirtschaftsmetropole an Attraktivität verliert. Bis 2046 fehlen laut Regionalplan rund 500 Hektar an Gewerbefläche – das entspricht etwa 700 Fußballfeldern oder der Möglichkeit, 50.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn wir den Wirtschaftsstandort Köln langfristig sichern wollen, müssen wir dringend neue Lösungen finden.

 

Flächenentwicklung in Köln: Neue Nutzungskonzepte im Fokus

 

Welche Lösungsansätze gibt es, um den Flächenmangel in den Griff zu bekommen?

In einer dicht bebauten Stadt wie Köln sind großflächige Ansiedlungen wie die Microsoft-Rechenzentren in Bedburg und Bergheim kaum realisierbar. Deshalb müssen wir vorhandene Flächen im Stadtgebiet sichern und sie strategisch weiterentwickeln. 

Ein vielversprechender Ansatz sind Mixed-Use-Konzepte, die Arbeiten, Wohnen und Freizeit miteinander verbinden. Projekte wie der Deutzer Hafen, I/D Cologne oder PĀN auf dem Max-Becker-Areal zeigen, wie moderne Stadtentwicklung aussehen kann. Allein durch diese Projekte entstehen mehr als 100 Hektar zusätzliche Wohn-, Büro- und Gewerbeflächen mit Raum für rund 17.000 Arbeitsplätze. 

Gleichzeitig ist es wichtig, Köln und sein Umland in der Entwicklung und Vermarktung noch stärker zusammenzudenken. Dann sind wir national und international deutlich wettbewerbsfähiger.

 

Was ist mit kleinen und mittleren Unternehmen oder dem Handwerk – braucht es dafür nicht eigene Lösungen?

Richtig. Mixed-Use-Projekte sind ein wichtiger Baustein moderner Stadtentwicklung, reichen aber allein nicht aus. Gerade für das Handwerk sowie kleine und mittlere Unternehmen braucht es zusätzlich gezielt ausgewiesene Flächen, die ihren Anforderungen gerecht werden – sowohl was Lage und Größe als auch was Nutzungsmöglichkeiten angeht.

Das ist wichtig, um Nutzungs- und Immissionskonflikte mit dem Wohnen zu vermeiden und trotzdem Erweiterungs- und Ansiedlungsmöglichkeiten zu schaffen. Viele dieser Betriebe sind unserer Stadt persönlich eng verbunden und tragen wesentlich zur lokalen Wertschöpfung bei. Wenn wir den Wirtschaftsstandort Köln langfristig stabil halten wollen, müssen wir auch für diese Unternehmen passgenaue Flächenlösungen finden. Hierzu können Ansätze wie kommunale Gewerbehöfe gehören, wie sie bereits in anderen Großstädten erfolgreich realisiert wurden.

 

Welche Rolle spielt dabei das Stadtentwicklungskonzept für die produzierende Wirtschaft?

Es ist ein zentraler Baustein, um den Gewerbeflächenmangel strategisch anzugehen. Es legt konkrete Maßnahmen fest, um bestehende Flächen zu sichern, zu modernisieren und effizienter zu nutzen. Ziel ist es, Unternehmen langfristig geeignete Standorte bereitzustellen und die wirtschaftliche Entwicklung Kölns nachhaltig zu stärken. KölnBusiness arbeitet dabei eng mit der Stadt Köln und weiteren Partnern zusammen, um Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, die den Bedürfnissen der Unternehmen gerecht werden.

 

Was benötigt der Standort noch, um zukunftsfähig zu sein?

Köln hat das Potenzial, sich als Innovations- und Industriestandort weiterzuentwickeln und seine wirtschaftliche Strahlkraft deutlich zu steigern. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft braucht es dafür neben der gezielten Flächenentwicklung auch einen sogenannten Best-in-Class-Ansatz. Diesen setzen wir bei KölnBusiness, dort wo es sinnvoll und möglich ist, bereits um und haben auch neue Vergabekriterien für städtische Gewerbeflächen entwickelt. Wir priorisieren Unternehmen, die einen nachhaltigen Mehrwert für die Stadt schaffen – sei es durch innovative Technologien, gute Arbeitsplätze oder die Förderung von Zukunftsbranchen wie KI, Biotechnologie oder Life Sciences.

 

In der angesprochenen Studie wird mittelfristig eine zusätzliche Industriefläche von 150 bis 250 Hektar empfohlen. Wie könnte diese den Wirtschaftsstandort stärken? 

Eine zusätzliche Industriefläche in dieser Größenordnung könnte gezielt Leuchtturmprojekte ermöglichen. Köln und das Umland bringen bereits heute wichtige Standortvorteile mit. Die Stadt hat mit der RheinEnergie einen leistungsfähigen Energieversorger, zudem verfügt sie über eine starke digitale Infrastruktur, hoch qualifizierte Fachkräfte und eine exzellente Hochschullandschaft – genau die Faktoren, die große Unternehmen bei ihren Standortentscheidungen priorisieren. 

Gelingt es, diese Stärken gezielt zu nutzen und strategische Industrieflächen in der erforderlichen Größe und in zusammenhängenden großen Grundstücken weiterzuentwickeln, könnte Köln weitere Großinvestitionen anziehen – mit neuen Arbeitsplätzen, mehr Wertschöpfung und einer gestärkten Wirtschaftsstruktur.

 

STADTENTWICKLUNGS-KONZEPT FÜR DIE PRODUZIERENDE WIRTSCHAFT

Das Stadtentwicklungskonzept für die produzierende Wirtschaft (SteK Wirtschaft) ist die zentrale Strategie der Stadt Köln, um langfristig nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaftsflächen für Industrie, Produktion, Handwerk und Logistik zu sichern.

Die zentralen Ziele:

  • bestehende Gewerbe- und Industriestandorte sichern, neue Flächen für Industrie, Produktion, Handwerk und Logistik schaffen
  • Flächen effizienter nutzen durch moderne Konzepte und Nachverdichtung
  • attraktive, gut erreichbare, klimaneutrale Wirtschaftsflächen gestalten
  • regionale Zusammenarbeit stärken, etwa bei Infrastruktur und Flächenentwicklung

 

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