Mit Erfolg durch die Krise: 4 kreative Modelle aus Köln

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In unserer dritten Expert Session für dieses Jahr standen neue Geschäftsmodelle im Mittelpunkt. Vier Kölner Firmen präsentierten sehr unterschiedliche, aber immer kreative Ansätze, mit denen sie nicht nur der Corona-Krise trotzen, sondern zukunftsweisende Konzepte schufen.

Ein Messestand in der eigenen Lagerhalle, ein Pop-up-Store auf einer der meistbesuchten Einkaufsmeilen Deutschlands, ein virtueller Operationssaal für Chirurgen – vielfältiger könnten die Modelle kaum sein. Die vier Beispiele, die in der Expert Session vorgestellt wurden, zeigten zudem: Etablierte Unternehmen können genauso flexibel und erfindungsreich sein wie junge Startups.

_blaenk: Einkaufserlebnis statt Langeweile

Über eines sind sich die Experten einig: Wenn der stationäre Handel eine Chance im Wettbewerb mit dem E-Commerce haben will, muss er eine Erlebniswelt schaffen, die online nicht funktioniert. Eine Welt aus Emotionen, aus Geräuschen und Gerüchen, aus Bewegung, aus Anfassen und Ausprobieren. Vom Point of Sale zum Point of Experience.

Dass hier echte Chancen auch für traditionell geprägte Marken liegen, beweist ein junges Unternehmen aus Köln: die _blaenk GmbH, die Ende November auf der Kölner Schildergasse einen Concept-Store eröffnet hat. Dort sollen Kund*innen all das live erleben und erfühlen können, was zu einem modernen Lifestyle gehört – von der Küchenmaschine über Kosmetik und Möbel bis zum E-Bike und dem E-Auto. Geschäftsführer Martin Bressem setzt dabei auf sorgfältig ausgewählte Produkte. „Die Kundinnen und Kunden konsumieren immer nachhaltiger und sind auch bereit, dafür etwas mehr zu bezahlen“, sagt Bressem.Die derzeit 40 Marken, die im Store vertreten sind, setzt _blaenk dabei so emotional wie möglich in Szene – darunter auch Produkte von drei Kölner Startups, denen KölnBusiness eine Verkaufsfläche im Store ermöglicht hat.

Neben der besonderen Kundenbindung an die Marken biete der physische Geschäftsraum einen weiteren Vorteil, der sonst eigentlich dem Online-Shop zugeschrieben wird: Gezieltes Tracking. „Kameras zeigen uns nicht nur, wie viele Leute gerade im Shop sind, sondern auch, wo sie sich wie lange aufhalten. Das liefert uns sehr gute Daten, die wir aber natürlich nur anonymisiert nutzen und mit denen wir sehr bewusst und transparent umgehen.“

Dass der stationäre Handel mehr Erlebnis kreieren muss, steht für Bressem außer Frage. Sein Tipp für etablierte Händler*innen, die neue Wege gehen wollen: „Es muss nicht perfekt sein. Wichtig ist, dass es frisch, dynamisch und überraschend ist.“ Mit diesem Ansatz ist _blaenk erfolgreich: Händler in Zürich und London arbeiten schon mit dem Startup zusammen. Und auf der Schildergasse sollen bald nicht mehr nur eine, sondern drei Etagen bespielt werden.

Neyroo: Virtuell und doch echt

Oliver Fröstl ist Gründer der LA CONCEPT GmbH, die sich seit Jahren der zeitgemäßen Inszenierung von Messeerlebnissen verschrieben hat. Eine Firma, die immer schon digital-affin war und die die Basis der neuen Unternehmung NEYROO bildet. In deren Leitmotiv „stage your stories“ steckt die Grundidee: Eine Bühne schaffen für die Geschichten, die es zu erzählen gibt. Eine echte Bühne, die ebenso echte Interaktion ermöglicht und nicht von Avataren und Robotern bevölkert wird.

NEYROO ist spezialisiert auf „Real-Digitale Events“, die die Vorteile der Online-Plattform mit denen der klassischen Messe verbinden sollen: Zeitliche Unabhängigkeit von Messeterminen und Wegfall von Reisekosten auf der einen Seite, persönlicher Austausch auf der anderen. Für das Erlebnis entscheidend: „Auf die Rauminszenierung kommt es an. Wir müssen Atmosphäre schaffen“, sagt Fröstl.

Virtuell nicht zu ersetzen ist indes der haptische Eindruck eines Produktes. Aber auch dafür gibt es Lösungen, wie das folgende Beispiel zeigt.

igus: Online präsentieren, Muster zum Anfassen

Die igus GmbH - ein klassischer Hidden Champion aus Köln, weltweit erfolgreich mit mehr als 4.000 Mitarbeitern - ist spezialisiert auf zwei Produktbereiche: Zum einen Lagertechnik, zum anderen Energieketten, also mechanische Systeme in Maschinen, die Strom, Daten oder Impulse führen.

Produkte also, die sich nicht von allein erklären. Die wichtigste Bühne zur Präsentation ist für igus die Hannover Messe. „Das ist für uns wie Weihnachten. Die ganze Produktentwicklung ist auf diesen Termin ausgerichtet“, sagt Martin Kochmann, Vertriebsleiter Norddeutschland bei igus. Was aber, wenn Weihnachten einfach ausfällt, so wie im April 2020? Und 2021 nur als hybrides Format stattfinden kann?

„Wir haben Ende März eine Halle leergeräumt und auf 400 Quadratmetern Fläche einen Messestand aufgebaut“, berichtet Kochmann. Von diesem Stand aus präsentierten igus-Mitarbeiter online die neuen Produkte, außerdem fanden Webinare, Presseveranstaltungen und Preisverleihungen statt. „Dieses Angebot wurde so gut angenommen, dass wir uns überlegen, es als Zusatz auch in Zukunft beizubehalten“, sagt der Vertriebsleiter, der auch dem fehlenden haptischen Eindruck etwas entgegenzusetzen hat: Teilweise erhielten die virtuellen Messebesucher vorab Muster zum Anschauen und Anfassen.

Rimasys: Vom Knochenbrecher zum Flugsimulator

Rimasys ist ein stark forschungsgetriebenes Start-up, das auf dem BioCampus Cologne im Kölner Westen sitzt und eine Methode entwickelt hat, realitätsnahe Frakturen im „geschlossenen Weichteilmantel“ zu erzeugen. Im Klartext: Sie brechen Knochen in Präparaten aus menschlichen Körperteilen, ohne diese von außen zu verletzen. Und damit schuf Rimasys eine neue Ausbildungsplattform für Chirurgen. „Wir haben so schon etwa 2.300 Chirurgen trainiert. Bis dahin mussten sie alle am lebenden Patienten üben“, sagt Marc Ebinger, Co-Gründer des Unternehmens.

Corona schlug aber auch hier zu. Denn weil die Ärzte aus aller Welt kamen, aber nun nicht mehr reisen durften, brach das Geschäft von jetzt auf gleich komplett zusammen. „Wir leben eigentlich von diesen physisch stattfindenden Kursen, weil Chirurgie eben sehr handwerklich ist. Inzwischen sagen die Leute aber, dass wir uns vom Knochenbrecher zum Flugsimulator entwickelt haben“, berichtet Ebinger. Der OP wurde zum Filmstudio, aus dem jetzt Live-Operationen übertragen werden. Rimasys arbeitet inzwischen mit Gamingstudios in Spanien und England zusammen – und künftig auch in Köln -, um das interaktive Konzept weiterzuentwickeln.

Also Gamification im OP-Saal? Für Rimasys der Rettungsanker in Corona-Zeiten. Und mehr noch: Ein vielversprechendes Geschäftsmodell. Ebinger: „Wir werden nächstes Jahr mit dem virtuellen Angebot wahrscheinlich mehr Umsatz machen als wir mit dem physischen gemacht hätten.“

Im Video (s. Artikelanfang) können Sie sich den Teil der Expert Session mit Rimasys und _blaenk noch einmal ansehen. Das Video zu den Beiträgen von igus und NEYROO finden Sie hier


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