Darauf achten Investor*innen in Krisenzeiten

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Stephan Jacquemot, Etienne Bell, Nicole Schepanek, Dr. Marie-Christine Frank (v.l.n.r.) diskutierten beim Investors Evening am 23. August 2022 über die derzeitigen Chancen und Risiken für Wagniskapital.
© Tilman Schenk / KölnBusiness

Energiekrise, hohe Inflation, steigende Zinsen – wie reagieren Investor*innen auf die wirtschaftliche Lage in Bezug auf Startup-Investitionen?  Welche Schlüsse können Gründer*innen aus dem Verhalten ziehen? Über diese Fragen diskutierten Investor*innen mit Vertreter*innen aus Politik und Startup-Ökosystem auf der von KölnBusiness organisierten Netzwerkveranstaltung Investors Evening am 23. August 2022.

 

 

Die bundesweiten Zahlen zeigen eine Veränderung im Investitionsverhalten: Laut dem von EY im Juli herausgegebenem Startup Barometer sanken die Anzahl von Finanzierungsrunden deutschlandweit im ersten Halbjahr um 7 Prozent und der Wert der Runden allgemein um 20 Prozent.

Es herrsche Vorsicht bei Kapitalgeber*innen, aber eine dramatische Wende sei zumindest bei Startups in der Frühphase noch nicht erkennbar, fasst Business Angel Stephan Jacquemot (Investment Partner von TS Ventures) die Lage zusammen, der schon in mehr als zwei Dutzend Startups investiert hat. „Es ist nach wie vor Geld da. Es wird nur ein bisschen mehr festgehalten.“

Substanz und Internationalität

Nach Einschätzung von Nicole Schepanek, Geschäftsführerin der auf Finanzdienstleistungen spezialisierten Kapitalgesellschaft Aureus Capital, hat sich dabei in der aktuellen Situation der Fokus der Investor*innen bezüglich Fintechs verschoben: „Angesichts der Gefahr einer Rezession stellen sich die Kapitalgeber bei Fintechs, die in der Kreditvergabe tätig sind, verstärkt die Frage nach den zugrundeliegenden Risikomodellen sowie der Kreditwürdigkeit von deren Kunden im Portfolio. Und es wird weniger auf kurzfristige Wachstumszahlen, sondern mehr auf die Substanz des Geschäftsmodells und die dauerhafte Überlebensfähigkeit geschaut.“

Die Investorin, die selbst lange in den USA arbeitete, sieht in diesem veränderten Fokus aber gerade für hiesige Startups auch eine Chance. Denn immer häufiger blickten Investor*innen aus den USA bei der Suche nach vielversprechenden Gründungen nach Europa, eben weil hier im Schnitt bereits historisch mehr auf solide Geschäftsmodelle geachtet worden sei.

 

Dr. Johannes Velling, Abteilungsleiter Digitalisierung und Außenwirtschaft im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW, möchte Gründungen aus Universitäten weiter fördern.
© Tilman Schenk / KölnBusiness

 

Auch die internationale Ausrichtung eines Startups sei attraktiv, so sind sich die Expert*innen einig. Den vielleicht wichtigsten Rat, um trotz Inflation, Zinswende, Krieg und Energiekrise weiterhin an ausreichend Kapital zu kommen, geben alle Insider: Internationaler werden! Dr. Johannes Velling, Abteilungsleiter Digitalisierung und Außenwirtschaft im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW, drückt das ganz einfach aus: „Unsere Startups sind oft zu regional und national ausgerichtet, globale Märkte werden erst spät in den Blick genommen. Sie müssen früher internationalisieren.“

Zahlen in Köln positiv

Und wie gestaltet sich die Lage derzeit in Köln? Ein Blick auf die Kölner Zahlen zur Entwicklung des Ökosystems zeigt: Entgegen dem nationalen Trend ist die Entwicklung der Finanzierungsrunden hier weiterhin positiv: Im ersten Halbjahr 2022 wurden laut Startupdetector 54 Finanzierungsrunden abgeschlossen, was einem Anstieg von 31 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das Investitionsvolumen der bekannten Runden lag bei rund 130 Millionen Euro. Im Vergleich: Im gesamten Vorjahr wurden 184 Millionen Euro in Kölner Startups investiert. Mit diesen Zahlen stemmt sich das Kölner Ökosystem gegen die bundesweite Entwicklung.

Eine Erklärung für den Sonderstatus Kölns: Noch werden hier hauptsächlich Investments getätigt, die in einer Spanne von 4 bis 100 Millionen Euro liegen und somit noch nicht von einem veränderten Investitionsverhalten der Investor*innen betroffen sind.

Hinzu kommt die besondere Ausprägung des Startup-Standorts, weiß KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen: „Das vielfältige Ökosystem in Verbindung mit der Kölner Wissenschaftslandschaft bietet einen idealen Boden, auf dem Startups wachsen können. Außerdem profitieren Gründer*innen von einer breit aufgestellten Wirtschaft, die Partner und Kunde zugleich ist.“

Standortvorteile weiter ausbauen

Investor*innen raten dazu, diese Standortvorteile für die Zukunft weiter auszubauen. Ein besonderer Fokus gilt dabei der vielfältigen und erfolgreichen Hochschullandschaft: Business Angel Stephan Jacquemot rät dazu, die Kooperation mit den Kölner Hochschulen zu intensivieren: „In erfolgreichen Startup-Ökosystemen spielen die Hochschulen immer eine entscheidende Rolle“, fasst er zusammen.

Unterstützung für diese Initiative zum Thema Hochschulen kommt von der NRW-Landesregierung:  Dr. Velling bestätigt, dass das Programm „Excellenz Startup Center.NRW“ verstetigt und an weiteren Hochschulen ausgebaut werden soll.

Praktische und zupackende Unterstützung für alle Startups in Köln sichert KölnBusiness-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen zu: „Wir begleiten Gründerinnen und Gründer in Köln von der ersten Idee über die Gründung bis zur Wachstumsphase. Verzahnt mit der persönlichen Beratung bieten wir Startups über das gesamte Jahr verteilt ein breites Angebot von Förderprogrammen und Veranstaltungen an, immer passend für ihre jeweilige Situation“, so Janssen.
 

Programm vernetzt Investor*innen mit Startups

In der Cologne Masterclass stellt KölnBusiness Investor*innen die Top-Startups vor. Matching Day ist der 27. Oktober 2022.
​​​​​Alle Infos zum Matching Day der Cologne Masterclass

 

 


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